Antrag: Rechte der Beschäftigten schützen: Begrenzung auf vier verkaufsoffene Sonntage - ohne Ausnahme!
Der Landtag wolle beschließen:
Entschließung
Der Landtag stellt fest:
- Die Möglichkeit der Ladenöffnung an Sonn- und Feiertagen ist für Geschäftstreibende vor allem zu regional bedeutsamen Anlässen (z. B. Straßenfeste, Jubiläen) von wirtschaftlicher Bedeutung, stellt für die Beschäftigten jedoch einen massiven Eingriff in die grundgesetzlich garantierte Sonn- und Feiertagsruhe dar.
- Die bisherige Anzahl sowie die Dauer der möglichen Ausnahmegenehmigungen zur Ladenöffnung an Sonn- und Feiertagen in Niedersachsen sind ausreichend und nicht weiter zu erhöhen.
Der Landtag fordert die Landesregierung auf, dem Landtag zur Abstimmung eine Novelle zum Niedersächsischen Gesetz über Ladenöffnungs- und Verkaufszeiten vorzulegen, die folgende Punkte beinhaltet:
- Eine Ausnahme vom Sonn- und Feiertagsschutz ist nur dann gesetzlich zuzulassen, wenn dafür ein hinreichender Sachgrund in Gestalt eines besonderen Ereignisses gegeben ist.
- Eine Ausnahme von der Sonn- und Feiertagsregelung nach § 5 NLöffVZG ist nur auf Antrag zuzulassen.
- Die Anzahl der verkaufsoffenen Sonntage ist gemeindeweit auf eine Höchstzahl von vier pro Kalenderjahr zu begrenzen; zwei von diesen vier Öffnungen an Sonntagen können ausschließlich auf Ortsbereiche beschränkt werden, um einer möglichen Benachteiligung in der Peripherie entgegenzuwirken.
- Die Anzahl der verkaufsoffenen Sonntage in Ausflugsorten und Heilbädern ist auf eine Höchstzahl von acht zu begrenzen.
- Öffnungen an Palmsonntag, Ostersonntag, Pfingstsonntag, Volkstrauertag, Totensonntag, und den vier Adventssonntagen sowie den staatlichen Feiertagen und dem 27. Dezember, wenn er auf einen Sonntag fällt, sind auszuschließen.
- Weitere Ausnahmen vom Sonn- und Feiertagsschutz über den Punkt 2 hinaus sind gesetzlich auszuschließen.
- Auf einen verkaufsoffenen Sonntag kann maximal ein weiterer unmittelbar folgen.
- Für alle Zulassungen für die Ausnahme vom Sonn- und Feiertagsschutz sind transparente und öffentliche Genehmigungsverfahren durchzuführen. Dabei müssen insbesondere Kirchen und Gewerkschaften vor Erteilung der Genehmigung eines Antrags angehört werden.
Das Niedersächsische Gesetz über Ladenöffnungs- und Verkaufszeiten (NLöffVZG) aus dem Jahr 2007, zuletzt geändert in 2011, regelt die Ausnahmen des Sonn- und Feiertagsschutzes. Verschiedene Urteile wie das des Oberverwaltungsgerichtes Lüneburg vom 5. Mai 2017 (7 ME 32/17) und auch des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) vom 1. Dezember 2009 (1 BvR 2857/07 und 1 BvR 2858/07) geben Anlass, den Gesetzestext zu ändern. Mit seinem Urteil hat das BVerfG die sonntäglichen Ladenöffnungszeiten als Eingriff in die grundgesetzlich garantierte Sonn- und Feiertagsruhe eingestuft und damit einer Klage der Kirchen in Berlin-Brandenburg stattgegeben. Ein Eingriff in die Sonn- und Feiertagsruhe sei demnach nur in engen Grenzen und bei Vorliegen eines hinreichenden Sachgrundes zu rechtfertigen. Das Verwaltungsgericht Hannover hat sich diese Einschätzung in seinem Urteil über den verkaufsoffenen Sonntag in Hannover am 27. Dezember 2015 zu eigen gemacht und der Gewerkschaft ver.di mit der Begründung Recht gegeben, dass die zugrunde liegende Rechtsgrundlage, § 5 Abs. 1 Satz 1 NLöffVZG, keinerlei sachliche Kriterien für die Erteilung einer Ausnahmegenehmigung zur sonntäglichen Ladenöffnung benenne. Das Gericht äußerte damit grundsätzliche Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit des Gesetzes. Laut § 5 Abs. 1 Satz 1 NLöffVZG sind Ausnahmen von der Sonn- und Feiertagsruhe in Ausflugsorten an bis zu acht und in anderen Orten an bis zu vier Sonntagen pro Jahr möglich. Ziel der künftigen gesetzlichen Regelungen sollte daher sein, für die Einhaltung des Artikel 139 WRV in Verbindung mit Artikel 140 GG und damit für Rechtssicherheit zu sorgen.
Begründung
Die Öffnung von Geschäften an Sonntagen ist rechtlich und gesellschaftlich eine besondere Herausforderung, was die verschiedenen gerichtlichen Verfahren und Gerichtsurteile bis hoch zum Bundesverfassungsgericht in den vergangenen Jahren aufgezeigt haben. Festzustellen ist, dass trotz gesetzlich geregelten Sonn- und Feiertagsschutzes schon heute insgesamt rund 11 Millionen Menschen an Sonn- und Feiertagen arbeiten. In einigen gesellschaftlichen Bereichen wie z. B. beim Rettungswesen, der Polizei und im Gesundheitswesen kann das Recht auf Erholung nicht vollumfänglich für alle Beschäftigten umgesetzt werden, da hier eine gesellschaftliche Notwendigkeit besteht, den Betrieb aufrecht zu erhalten. Dies verhält sich im Einzelhandel anders, da hier die Geschäfte in der Regel aus wirtschaftlichen Erwägungen heraus öffnen wollen, aber nicht müssen. Ein NLöffVZG muss daher gewährleisten, dass es nur dann zur Öffnung an Sonntagen kommt, wenn ein ausreichender Grund vorliegt, der es rechtfertigt, die verfassungsrechtlich geschützte Sonntagsruhe zu brechen.
Um dem Recht auf Erholung der Beschäftigten im Einzelhandel nachzukommen, sind die Öffnungen von Geschäften auf bis zu vier Sonntage im Jahr zu begrenzen. Staatlich anerkannte Ausflugsorte können bis zu acht verkaufsoffene Sonntage anmelden. Die Geschäfte können bis zu fünf Stunden außerhalb der Gottesdienstzeiten öffnen. Ein Verbot der Sonntagsöffnung soll an Palmsonntag, Ostersonntag, Pfingstsonntag, Volkstrauertag, Totensonntag und den vier Adventssonntagen sowie den staatlichen Feiertagen und dem 27. Dezember, wenn er auf einen Sonntag fällt, gelten, da diese Tage einem besonderen Interesse unterliegen. Schon heute sind Ladenöffnungen an kirchlichen Feiertagen nicht erlaubt. Eine Ausweitung auch auf diese Tage ist somit geboten. Die Erkenntnisse des Bundesverfassungsgerichtsurteils müssen in einer angestrebten Gesetzesnovelle ebenfalls eine Berücksichtigung finden.
Schon heute verfügt der Handel über eine stark ausgeprägte Ladenöffnungszeit. 2007 wurde u. a. in Niedersachsen der gesetzliche Ladenschluss an Werktagen abgeschafft. Besondere Öffnungszeiten an Sonntagen sind somit nur in Ausnahmefällen zu regeln und für die Grundversorgung unerheblich. Vielmehr sollten auch das erhöhte Anforderungsniveau und die höhere Flexibilität der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter gesehen werden. Ausreichende Zeiten der Erholung und Gemeinschaft sind wichtig, um auch das Risiko gesundheitlicher Beeinträchtigungen einzuschränken.