Rede Gabriele Heinen-Kljajic: Aktuelle Stunde - Die Isolation Niedersachsen beenden – Studiengebühren abschaffen, und zwar sofort (Antrag Linke)
Anrede,
der Traum schwarz-gelber Landesregierungen, Kürzungsrunden an den Hochschulen durch Studiengebühren zu kompensieren, ist geplatzt. Sogar die CSU-geführte Landesregierung in Bayern scheint klüger geworden zu sein. Aber selbst das Ausscheren des letzten Verbündeten scheint CDU und FDP in Hannover nicht aus dem hochschulpolitischen Tiefschlaf zu wecken. Und so geistert Ministerin Wanka, als solitäres Gebühren-Fossil durch die Medienlandschaft und verfestigt Niedersachsens Ruf als ewigem bildungspolitischem Nachzügler.
Studiengebühren sind nicht in erster Linie daran gescheitert, dass sie im deutschen Bildungsföderalismus dank starker parteipolitischer Polarisierung zwangsläufig nicht lange überleben konnten. Studiengebühren sind gescheitert, weil sie als Zugangshürde zum Studium – nach dem Motto: nur wer zahlt, wird reingelassen – genau das Gegenteil von dem erreichen, was wir brauchen: Sie schrecken junge Menschen vom Studium ab!
Alle Umfragen zeigen, dass bei der Entscheidung für oder gegen ein Studium die Finanzierungsfrage von zentraler Bedeutung ist. Darauf mit der Wiedereinführung von Studiengebühren zu reagieren, war und bleibt bildungspolitisches Harakiri.
Der rasante Anstieg der Studierendenzahlen in den 70er und 80er Jahren konnte nur deshalb gelingen, weil der Staat erkannte, dass die so genannten Bildungsreserven in den bildungsfernen und eher einkommensschwachen Familien zu finden sind und weil er erkannte, dass die Kosten eines Studiums ein Zugangshindernis sind. Deshalb wurde das BAföG auf den Weg gebracht.
Heute haben wir exakt die gleiche Ausgangssituation: Wir brauchen mehr Akademiker. Und da 77 Prozent aller Akademiker-Kinder ohnehin studieren, sind es wieder die eher Bildungsfernen und Einkommensschwachen, die wir erreichen müssen. Aber statt aus der Erfolgsgeschichte BAföG zu lernen und finanzielle Hürden weiter abzubauen, haben Sie eine neue Hürde eingezogen. Was für ein Irrsinn, der Bund gibt den Studierenden Geld und das Land knöpft es ihnen wieder ab.
Dank schwarz-gelber Bildungsmisere hat Niedersachsen mit einer Studierquote von nur 31 Prozent ohnehin schlechte Karten in Sachen Fachkräftemangel. Hinzu kommt, dass wir als bundesweiter Exportmeister mit einer Abwanderungsquote von 33.000 Studienberechtigten Jahr für Jahr einen enormen Aderlass an zukünftig Hochqualifizierten verkraften müssen.
Ihre Hochschulpolitik, werte Kollegen von CDU und FDP, manövriert uns immer weiter ins Aus und deshalb ist es höchste Zeit für einen Regierungswechsel.
Wir werden im nächsten Jahr dafür sorgen, dass die Studiengebühren abgeschafft werden. Nicht zufällig haben Sie in Niedersachsen die Gebühren eingeführt, nachdem Sie den Hochschulen erst mal 50 Mio. € weggekürzt hatten. Dass Studiengebühren in dieser Situation eklatanter Unterfinanzierung die Studienbedingungen verbessern würden, ist eine Binsenweisheit. Denn die Studierenden haben die Haushaltslöcher gestopft, die Ihre Hochschulpolitik zuvor aufgerissen hat.
Deshalb werden wir mit einer rot-grünen Landesregierung dafür sorgen, dass Ihre Kürzungen im Hochschulbereich rückgängig gemacht werden und der Wegfall der Studiengebühren durch Landesmittel kompensiert wird.
Und nun noch eine kurze Anmerkung zum vollmundigen Versprechen der Linken, die Gebühren bereits zum nächsten Sommersemester abschaffen zu wollen: Auch wir wollen die Studierenden so schnell wie möglich von den Gebühren befreien. Aber wir wollen das, anders als CDU und FDP bei der Einführung, in einem breiten Beteiligungsverfahren tun. Es geht nämlich nicht einfach nur darum, die Gebühren-Paragraphen zu streichen.
Wir wollen haushaltstechnisch eine vollständige Kompensation der Gebühren erreichen. Wir wollen, dass diese Mittel auch tatsächlich zur Verbesserung der Studienbedingungen eingesetzt werden. Wir wollen, dass diese Mittel möglichst nicht kapazitätswirksam werden. Und wir wollen vor allem, dass der Einfluss der Studierenden bei der Mittelvergabe in Studium und Lehre gestärkt wird.
Eine solche Gesetzesnovelle braucht für Vorbereitung und Beratung Monate und nicht wie Sie den Menschen weismachen wollen, nur wenige Wochen. Das ist Wahlkampfgetöse einer Partei, die weiß, dass sie nicht wird umsetzen müssen, was sie verspricht. Einig sind wir uns darin, dass das Thema gleich nach der Wahl auf die Agenda gehört.
Anrede, wer nach einer Zustandsbeschreibung dieser ausgedienten Landesregierung sucht, der schaue sich das autistische Festhalten an Studiengebühren an. Ministerin Wanka gibt zwar noch tapfer den hochschulpolitischen Don Quichote und kämpft unbeirrt weiter für den Erhalt der Studiengebühren, aber den Kampf führt sie einsam und er wird spätestens in 10 Wochen verloren sein.